"Absichten von Ulla Schmidt gefährden die flächendeckendemedizinische Versorgung"

Statement von Dr. med. Achim Hoffmann-Goldmayer, Vorsitzender der Kassenärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg

Stuttgart, 21. November 2005. Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt hat mehr "Gerechtigkeit" und eine "Weiterentwicklung"des ärztlichen Honorarsystems gefordert. Darin sind wir uns mit Frau Schmidt einig. Allerdings ist die Idee, die Privathonorare auf die Höhe der GKV-Beträge abzusenken, vollkommen absurd. Jeder Vertragsarzt kann aufzeigen, dass in seiner Praxis ein nicht unerheblicher Anteil der Kosten aus Einnahmen von Privatpatienten quersubventioniert wird. In unserer Allgemeinpraxis können wir beispielsweise eine unserer Vollzeitkräfte mit diesen Erlösen finanzieren.

Privatversicherung (PKV) versus gesetzliche Krankenversicherung (GKV): das sind zwei verschiedene Systeme. Während die Grundlage der GKV das Sachleistungsprinzip ist, gilt dieses in einer von viel Wahlfreiheit begleiteten PKV eben gerade nicht. Hier wird die Einzelleistung zu einem festen Satz in einer allerdings überalterten GÖÄ verankert. Jetzt die gleiche Bezahlung für die Ärzte zu fordern bedeutet, die Bürgerversicherung durch die kalte Küche einführen zu wollen.

Wir fordern allerdings sehr wohl, dass gleiche Leistungen auch gleich bezahlt werden. Dies trifft bei PKV-Versicherten für den stationären wie ambulanten Bereich auch zu. Eine ambulante Operation zum Beispiel kostet in einem Krankenhaus genauso viel wie in der ambulanten Arztpraxis. Anders beim GKV-Versicherten. Hier trennen DRGs und ambulante Vergütung nach EBM2000plus Welten. Nur im ambulanten Bereich trägt der Arzt aber die Investitionsrisiken, unter denen das Operieren überhaupt möglich ist.

Wenn derzeit Ärzte auf die Straße gehen, weil sie für den stationären Bereich mehr als 30 Prozent Gehaltssteigerung fordern, verfolgen wir dies mit großer Sympathie. Dabei darf aber auch nicht vergessen werden, dass alleine im 2. Quartal 2005 die Ärzte und Psychotherapeuten in Baden-Württemberg für Leistungen an Patienten 170 Millionen Euro nicht erstattet bekommen haben. Im Durchschnitt also fast 9.000 Euro pro Arzt und Quartal.

Da darf man sich nicht wundern, dass unsere jungen Medizinstudenten schon heute damit liebäugeln, ihren Beruf im Ausland, in der Industrie oder bei Behörden auszuüben. Eben nur nicht im deutschen Krankenhaus oder in der deutschen Arztpraxis.

Wenn Ulla Schmidt nicht gestoppt wird, dann wird die Versorgung für unsere Patienten schlechter, die Attraktivität des Arztberufes weiter unterhöhlt, und schließlich werden viele Arztpraxen zukünftig nicht mehr existieren.

Stand: 21.11.2005

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letzte Änderung am 21.11.2005