Landesärztekammer: Keine Entwarnung bei Vogelgrippe

Die ärztliche Standesvertretung widerspricht Berichten, in denen behauptet wird, die Vogelgrippe sei nur ein Phantom, das Angst erzeugen soll.

Stuttgart, 9. September 2005. In einer jüngst verbreiteten Presseinformation wird vor Virus-Panikmache und vor frei erfundenen Viren gewarnt. Die Landesärztekammer Baden-Württemberg bezeichnet die Informationen als unseriös und unrichtig; sie werden im Folgenden klargestellt.

Es wird behauptet, es gäbe kein Vogel-Grippevirus. - Diese Behauptung ist falsch. Die Vogelgrippe ist eine seit über 100 Jahren bekannte Erkrankung bei Vögeln, die weltweit verbreitet ist: Sie wird vom Influanza-A-Virus verursacht, das in 16 Unterarten (sog. H-Subtypen) vorkommt. Alle sechzehn Subtypen können Vögel infizieren, wobei die auch als "Geflügelpest" bekannten schweren Ausbrüche durch die mit H5 und H7 bezeichneten Subtypen verursacht werden. Die Viren kommen in Zugvögeln, insbesondere Enten, häufig vor, die davon aber nicht oder nur geringfügig erkranken. Geflügel wie Hühner und Puten hingegen erweisen sich als sehr anfällig für die Erkrankung.

Es wird behauptet, die Weltgesundheitsorganisation betreibe Virus-Panikmache. - Diese Behauptung ist falsch. Die Gefahr der Vogelgrippe und vor allem die Gefahr einer Pandemie, auch beim Menschen, ist real: Es besteht die Möglichkeit, dass eine gleichzeitige Infektion mit Vogel- und menschlichen Influenza A Viren im Menschen zu einer Mischung und drastischen Veränderung des Erbmaterials der Viren führt. Dieser Vorgang könnte zur Folge haben, dass die Körperabwehr des Menschen nicht auf den neuen Erreger vorbereitet ist und es wesentlich häufiger zu schweren Erkrankungen mit hoher Sterblichkeit kommt, wie es im vergangenen Jahrhundert wiederholt der Fall war.

Es wird behauptet, dass es keine krankmachenden Viren und außer Impfschäden keinen Nutzen irgendeiner Impfung gäbe.- Diese Behauptung ist falsch. Impfen nützt und Impfen schützt, wie weltweite Impfkampagnen beweisen, durch die beispielsweise Polio weitgehend ausgerottet wurde. - Die erhältlichen Influenzaimpfstoffe zur Vorbeugung der menschlichen Grippe schützen zwar nicht vor aviärer Influenza beziehungsweise vor einem neuen Pandemie-Virus, die Influenzaimpfung ist jedoch zu empfehlen (siehe unsere Pressemitteilung vom 5. September 2005). Sie kann insbesondere eine gleichzeitige Infektion mit menschlichen und tierischen Influenza-Viren und dadurch die Entwicklung eines neuen, potenziell pandemischen Virus verhindern. - An einem neuen, auch gegen Vogelgrippe wirksamen Impfstoff für den Menschen wird intensiv gearbeitet.

Es liegt der Landesärztekammer Baden-Württemberg fern, Panik in der Bevölkerung zu erzeugen, sie sieht sich jedoch gemäß ihrem gesetzlichen Auftrag verpflichtet, die Bürgerinnen und Bürger vor tendenziösen beziehungsweise falschen Meldungen zu warnen, die ihrerseits zu Schäden in der Bevölkerung führen können. Sie stützt sich bei der vorliegenden Stellungnahme auf seriöse und wissenschaftliche Veröffentlichungen des Robert-Koch-Institutes, des Auswärtigen Amtes, der Europäischen Kommission und der Weltgesundheitsorganisation.

Stand: 09.09.2005

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letzte Änderung am 09.09.2005