"Ausspähen bei Lidl verboten, beim Arzt bald Gesetz"

Die Landesärztekammer Baden-Württemberg kritisiert die Aushöhlung der ärztlichen Schweigepflicht durch das Pflege-Weiterentwicklungsgesetz

Stuttgart, 2. April 2008. "Das verfassungsrechtlich geschützte Patientengeheimnis wird mit dem neuen Pflege-Weiterentwicklungsgesetz ausgehöhlt. Das ist ein Generalangriff auf die ärztliche Schweigepflicht", so Dr. med. Ulrike Wahl, Präsidentin der Landesärztekammer Baden-Württemberg. Nach ihren Worten werden Ärztinnen und Ärzte in Praxen und Krankenhäusern durch das Pflege-Weiterentwicklungsgesetz ab 1. Juli 2008 verpflichtet sein, die Krankenkasse zu informieren, wenn Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass Versicherte sich eine Krankheit durch eine medizinisch nicht indizierte Maßnahme zugezogen haben. "Wenn also ein entzündetes Piercing Anlass für ärztliche Behandlung ist," so die Ärztepräsidentin, "dann verlangt das Gesetz, dass wir den Patienten aushorchen und ihn anschließend bei seiner Krankenkasse anzeigen, damit er sich an den Behandlungskosten beteiligt." Das Gleiche gelte beispielsweise bei Komplikationen nach Tätowierungen oder ästhetischen Operationen. "Durch diese gesetzlichen Vorgaben wird das Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patient empfindlich gestört. Es ist gar nicht auszudenken, wohin das führen kann: Irgendwann werden vielleicht auch Raucher, Skifahrer oder Fettleibige zur Kasse gebeten?" Auch wenn die baden-württembergische Ärzteschaft grundsätzlich für die Stärkung der Eigenverantwortung von Patienten eintrete, so lehne sie nach den Worten der Kammerpräsidentin die Neuregelung dennoch kategorisch ab: "Wie kann derartiges Ausspähen bei Lidl verboten und beim Arzt künftig gesetzlich verankert sein?"

Stand: 02.04.2008

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letzte Änderung am 02.04.2008