Kampfmaßnahmen der Ärzteschaft

Stuttgart, 28. September 2012. Mitte September haben sich die niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte in einer Urabstimmung für Kampfmaßnahmen bis hin zu Praxisschließungen ausgesprochen. Bei dem Protest geht es um die Anpassung der Preise für ärztliche Leistungen, hervorgerufen durch Inflation und Kostensteigerungen der letzten Jahre. Die einseitig von den Krankenkassen zugestandene minimale Erhöhung des Orientierungswertes bei den Arzthonoraren um 0,9 Prozent hatte zuvor auf Ärzteseite einen Sturm der Entrüstung ausgelöst. Die Spitzen der Landesärztekammer Baden-Württemberg beziehen im Folgenden zur aktuellen Entwicklung Stellung:

 

Jetzt müssen alle Ärztinnen und Ärzte zusammenstehen und ihrer Verantwortung gegenüber den Patienten gerecht werden
Das Klima zwischen den Krankenkassen und der Ärzteschaft ist derzeit so schlecht wie selten zuvor; die Kassenärzte stellen gar die Systemfrage. Das völlig unangemessene Angebot der Krankenkassen empfinden wir als direkten Angriff auf unseren Berufsstand und fordern die Verantwortlichen auf, am Verhandlungstisch ihrer Verpflichtung gegenüber Patienten und Ärzten gerecht zu werden.

Verunglimpfung der Ärzteschaft
Die Krankenkassen zeigen seit geraumer Zeit kaum Wertschätzung für die ärztliche Arbeit und erkennen Mediziner nicht als ihre Vertrags- und Kooperationspartner an. Zudem werden Patienten für die Interessen der Kassen und gegen die Ärzteschaft instrumentalisiert. Kaum ein Tag vergeht, an dem nicht irgendein Krankenkassenvertreter durch gezielte Stimmungsmache gegen die Ärzteschaft verunglimpft. In diesen Diffamierungskampagnen werden die Ärztinnen und Ärzte immer wieder als „raffgierig“ oder als „Pfuscher“ dargestellt. Ärztinnen und Ärzte sind hochqualifiziert und üben ihren Beruf nach bestem Wissen und Gewissen aus. Sie sind verantwortlich handelnde Partner ihrer Patienten und bieten eine qualitätsgesicherte Behandlung auf aktuellem Stand.

Überschüsse der GKV
Angesichts von rund 20 Milliarden Euro Überschüssen in der Gesetzlichen Krankenversicherung ist es völlig unverständlich, dass die Kassen eine vernünftige Anpassung der Arzthonorare verweigern. Leidtragende dieser Kassenpolitik sind in erster Linie die Patienten. Wir fordern die Krankenkassen auf, keine Überschüsse zu horten, sondern dieses Geld für die Versorgung ihrer Versicherten ausgeben, wo es dringend gebraucht wird.

Es geht um die Versorgung der Patienten
Im aktuellen Honorarstreit geht es nicht um eine „Honorarerhöhung“. Dieser Begriff wurde von den Krankenkassen als bewusste Fehlinformation zur Stimmungsmache in die Diskussion geworfen. In Wirklichkeit geht es um den Ausgleich des Kostenanstieges seit 2009 durch Inflationsrate, steigende Löhne für medizinisches Praxispersonal, Mieten und den immer höheren Dokumentationsaufwand. Wir fordern die Krankenkassen auf, die Ärzteschaft nicht weiter pauschal zu diffamieren. Es geht um die Versorgung der Patienten und um die Erfüllung des ärztlichen Auftrags.

Solidaritätsadresse der Präsidenten der baden-württembergischen Ärztekammern
Die Öffentlichkeit muss darüber informiert werden, dass es der Ärzteschaft nicht darum geht, mehr zu verdienen, sondern darum, die Versorgung zu sichern und auf den Bürokratiewahnsinn der Krankenkassen aufmerksam zu machen. Wir solidarisieren uns daher uneingeschränkt mit den Protest und Streikmaßnahmen unserer Mitglieder. Jetzt müssen alle Ärztinnen und Ärzte zusammenstehen, um der Kassen-Polemik Paroli zu bieten! Dabei sind nicht nur die Niedergelassenen gefragt, sondern genauso auch die Kolleginnen und Kollegen aus dem stationären Sektor, die ihrerseits bei den letzten Protestmaßnahmen auf Unterstützung aus dem ambulanten Bereich vertrauen konnten.


Stuttgart, 28. September 2012, vor Beginn der Sonder-Vertreterversammlung der Kassenärztlichen Bundesvereinigung.

Dr. Ulrich Clever
Präsident, Landesärztekammer Baden-Württemberg

PD Dr. Christian Benninger
Präsident, Bezirksärztekammer Nordbaden

Dr. Christoph von Ascheraden
Präsident, Bezirksärztekammer Südbaden

Dr. Klaus Baier
Präsident, Bezirksärztekammer Nordwürttemberg

Dr. Michael Schulze
Präsident, Bezirksärztekammer Südwürttemberg

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