Einrichtung von Kinderschutzambulanzen (26.11.2005)

1. Die Vertreterversammlung der Landesärztekammer Baden-Württemberg fordert die Landesregierung Baden-Württemberg auf, den Beschluss des Landtags von 1994 zur Einrichtung von Kinderschutzambulanzen umzusetzen.

2. Die Vertreterversammlung der Landesärztekammer Baden-Württemberg fordert alle Verantwortlichen - die Bundesregierung und die Landesregierung sowie die Krankenkassen - auf, die Kinderkliniken und niedergelassenen Ärzte zu unterstützen und die Verantwortung für die benötigte Finanzierung zu übernehmen.

Begründung:
Gewalt gegen Kinder ist ein alltägliches Phänomen und tritt in Industrieländern in über 90 % in familiären Bezugssystemen auf.

Die Eltern der 7-jährigen Jessica aus Hamburg wurden gestern wegen Mordes zu lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilt. 

Das Thema "Gewalt gegen Kinder" in seinen unterschiedlichen Ausprägungen wie körperliche Misshandlung, Vernachlässigung, emotionale Vernachlässigung und sexueller Missbrauch von Minderjährigen ist ein komplexes gesellschaftspolitisches Phänomen, mit dem sich der Ausschuss "Gewalt gegen Kinder" der Landesärztekammer Baden-Württemberg seit 1989 eingehend beschäftigt. In mehreren Resolutionen 1992, 1993 und 1999 und durch Pressekonferenzen haben sowohl die Vertreterversammlung als auch der Ausschuss "Gewalt gegen Kinder" die Öffentlichkeit über die schweren Defizite bei der Versorgung von misshandelten Kindern informiert und die politisch Verantwortlichen aufgefordert, durch Kinderschutzambulanzen bzw. Interventionsgruppen an Kinderkliniken die Diagnostik und Behandlung dieser Kinder nachhaltig zu verbessern.

Es gibt keine effektivere Prävention von Gewalt gegen Kinder in Form von körperlicher und emotionaler Vernachlässigung, als die frühzeitige ärztliche Wahrnehmung von hochbelasteten Säuglingen und Kleinkindern. Die Früherkennung und Intervention muss in der Geburtshilfe und Neonatologie erfolgen, um die massive Gefährdung der Entwicklung dieser Kinder zu verhindern. Es kann nicht länger hingenommen werden, dass eindeutige wissenschaftliche Forschungsergebnisse über die Auswirkungen von Gewalt (Vernachlässigung) im Säuglingsalter und Schwangerschaft (z. B. Drogen) keine wesentliche Veränderung in der Versorgung dieser Kinder erfährt. 

Die politisch Verantwortlichen müssen begreifen, dass die generationenübergreifende Spirale von Gewalt im Säuglings- und Kleinkindalter nur von Ärzten effektiv vermindert werden kann, da es für dieses hochsensible Alter für schwerste reaktive Bindungs- und Entwicklungsstörungen keine gesetzliche Pflicht zur Vorsorge und Diagnostik gibt, aber fast jeder Säugling oder Kleinkind durch eine somatische Erkrankung in Kontakt mit niedergelassenen Ärzten oder einer Klinik kommt.

Die ärztliche Versorgung von gefährdeten Säuglingen und Kleinkindern ist eine pädiatrische-kinderpsychiatrische Intensivversorgung und bedeutet einen hohen multiprofessionellen Einsatz und eine sehr aufwendige Kooperation mit den Jugendämtern nach den Richtlinien des KJHG. Es kann nicht akzeptiert werden, dass aus finanziellen Gründen (Kassen-Jugendhilfe) den betroffenen Kindern und Familien nicht die langfristige Unterstützung zuteil wird, die für eine gute Entwicklung dieser Kinder erforderlich ist.

letzte Änderung am 28.11.2005

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