Erfolgreiches Symposium von LÄK BW, KV BW und BÄK NW

Idiopathische Adoleszentenskoliose

STUTTGART, 8. März 2012 – rund 150 Teilnehmer zählte das interdisziplinäre Symposium zur idiopathischen Adoleszentenskoliose, das gestern in Stuttgart statt fand. Eingeladen hatten mit der Landesärztekammer und der Kassenärztlichen Vereinigung die beiden ärztlichen Körperschaften Baden-Württembergs. Initiator und Gastgeber, KV-Vorsitzender Dr. Norbert Metke, freute sich gemeinsam mit dem Präsidenten der Landesärztekammer, Dr. Ulrich Clever, über das große Interesse. Namhafte Spezialisten aus Medizin und Physiotherapie ermöglichten einen hochkarätigen Austausch. Im Mittelpunkt stand die Frage nach der Evidenz einzelner Behandlungsverfahren.
Bei niedergelassenen Ärzten steht sowohl im allgemeinmedizinischen und kinderärztlichen als auch im orthopädischen Alltag am Ende einer Untersuchung häufig die Diagnose "Skoliose". Bei bis zu 15 Prozent der Bevölkerung tritt diese Erkrankung, die Verkrümmung der Wirbelsäule, auf. Moderne Verfahren der Diagnostik und Therapie sowie neu diskutierte operative Möglichkeiten verleihen dem Thema eine besondere Bedeutung. Aber auch die zunehmende Diskussion um die Evidenz ärztlichen Handelns und die Vorteile einer Behandlung im Vergleich zum natürlichen Verlauf der Erkrankung bestimmt die aktuelle wissenschaftliche Debatte in der Medizin.
 
"Als Orthopäde liegt mir diese Erkrankung der Wirbelsäule von Kindern und Jugendlichen besonders am Herzen", sagte Metke bei der Begrüßungsrede. "In der Diagnostik und Therapie der Skoliose bei Heranwachsenden hat sich in der letzten Zeit viel verändert. Immer häufiger wird nicht nur das "Wie" sondern auch das "Wann" und "Ob überhaupt" in Frage gestellt. Deshalb war es mein persönlicher Wunsch, in einer Fortbildung den aktuellen Stand der medizinischen Behandlung dieser Krankheit interdisziplinär zu diskutieren." Clever indessen zeigte sich stolz, dass es geglückt sei, die besten Spezialisten aus dem ambulanten und stationären Bereich nach Stuttgart zu holen: "In einer breiten Vielfalt können wir das Thema aus unterschiedlichsten Perspektiven beleuchten und so moderne Wege der Diagnostik und Therapie aufzeigen."
 
Im Mittelpunkt des Symposiums stand vor allem die Frage nach dem messbaren Erfolg einzelner Behandlungsverfahren. Fachärzte für Orthopädie und Unfallchirurgie, Kinder- und Jugendmedizin, genauso wie Allgemeinmediziner und Internisten waren die Zielgruppe. Mit Spannung erwarteten die Teilnehmer insbesondere die neue Generation der bildgebenden Verfahren, die 3D-Wirbelsäulenvermessung. Ein Höhepunkt der Veranstaltung war der Vortrag von Cornelia Neuhaus aus Basel. Neuhaus ist Chef-Physiotherapeutin am Universitäts-Kinderspital beider Basel (UKBB). Das  UKBB ist für die Behebung von Wirbelsäulen-Problemen weltberühmt. Für den Erfolg der Therapie sei die interdisziplinäre Zusammenarbeit von Orthopäde, Orthopädietechniker und Physiotherapeut sowie Eltern und Lehrer maßgeblich, berichtete Neuhaus. Neuhaus weiter: Die Erkrankung treffe die jungen Patienten in einer sensiblen Entwicklungsphase. Die komplexe und langwierige Behandlung erfordere enorme Selbstdisziplin, da Krankengymnastik und Korsett die Lebensqualität eines Heranwachsenden sehr einschränken. Ohne Motivation und Begleitung des Patienten durch alle Beteiligten gehe da gar nichts.
 
Der niedergelassene Orthopäde, Dr. Dieter Hoffmann, ist als Spezialist für Wirbelsäulendeformitäten über Stuttgart hinaus bekannt. Hoffmann erzielt mit einer Korsetttherapie in Verbindung mit Physiotherapie und Krankengymnastik nach Lehnert-Schroth beachtliche Erfolge. Immer noch gilt die Operation als letzte Lösung. Doch auch hier gibt es neben der konventionellen Versteifung der Wirbel (Spondylodese) innovative Verfahren. Auf großes Interesse stieß der Vortrag von Prof. Dr. Thomas Wirth vom Olgahospital Stuttgart. Wirth referierte über neue schonende und flexiblere Operationstechniken für den heranwachsenden Patienten.
 
Wenn auch abschließend durchaus kontrovers über die Behandlungsverfahren diskutiert wurde, so herrschte in einem Punkt doch große Einigkeit: je früher desto besser. Da immer noch zu viele Skoliosen sehr spät entdeckt werden, ist eine Vorsorgeuntersuchung, auch nach den Jugenduntersuchungen, anzustreben. Außerdem sollten Kinder und Jugendliche, die aufgrund ihrer Vorgeschichte besonders gefährdet sind, öfters vom entsprechenden Facharzt angeschaut werden.

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letzte Änderung am 09.03.2012