Kammer-Neubau in Nordbaden sowie aktuelle Gesundheitspolitik im Mittelpunkt

Vertreterversammlung der Landesärztekammer

Bericht-zur-LageWie in jedem Herbst hatte sich die Vertreterversammlung (VV) der Landesärztekammer Baden-Württemberg mit Haushaltsdebatten zu befassen. Kammerpräsident Dr. Ulrich Clever informierte die Delegierten unter anderem über den Sachstand zum Bauprojekt der Landesärztekammer Baden-Württemberg zur Beschaffung eines neuen Dienstgebäudes für die Bezirksärztekammer Nordbaden. Vor dem Hintergrund der bekannten, sehr angespannten Raumsituation in Karlsruhe hatte die VV bereits vor einem Jahr die ernsthafte Gefahr gesehen, dass eine Weiterentwicklung der Bezirksärztekammer unter den gegebenen Umständen so wie bisher nicht mehr möglich war. Daher war seinerzeit bereits eine erste Gebäuderücklage zur Finanzierung des Vorhabens gebildet worden.

Ende November 2012 wurde den Kammerdelegierten nun ein Neubaukonzept vorgestellt, das Bedarf, Wirtschaftlichkeit, voraussichtliche Kosten, Finanzierung, Zeitplan der Fertigstellung sowie die voraussichtlichen Folgekosten beschrieb. Ausdrücklich wies Dr. Clever bei den Beratungen darauf hin, dass das Projekt ohne Gefahr für den Beitragssatz geschultert werden könne. Nach eingehender Diskussion machte die VV daher den Weg für das Projekt frei, das nach den Worten des Kammerpräsidenten nicht nur für die nordbadische Bezirksärztekammer, sondern auch für die Zukunft der Gesamtkörperschaft besonders wichtig sei.

Den gesundheitspolitischen Teil seines Vortrags widmete Dr. Clever unter anderem den öffentlichkeitswirksamen Aktivitäten der Landesärztekammer. So führte er aus, dass die Kammer hinsichtlich des baden-württembergischen Unterbringungsgesetzes sehr kurzfristig reagiert und an vielerlei Fronten Druck gemacht hatte. Dazu gehörten ein lesenswertes Editorial in der November-Ausgabe des Ärzteblattes Baden-Württemberg sowie ein Briefwechsel mit Sozialministerin Katrin Altpeter. Eine kurzfristige Lösung des Problems habe die Landesregierung inzwischen angekündigt, informiere Dr. Clever die Delegierten.

Der Kammerpräsident ging auch auf die immer noch nicht novellierte Gebührenordnung für Ärzte ein. Bei allen Bemühungen der Ärzteschaft, hier einen Fortschritt zu erzielen, gab sich Dr. Clever skeptisch, was die politische Umsetzbarkeit der ärztlichen Forderungen in dieser Legislaturperiode angeht. Die Neuorganisation des ärztlichen Notfalldienstes durch die Kassenärztliche Vereinigung Baden-Württemberg begrüßte er. Durch den jetzt schon bestehenden Ärztemangel – dessen Höhepunkt ja erst noch kommen werde – gebe es keine andere Wahl, als Notdienstbezirke zu vergrößern und Patienten größere Anfahrtswege als bisher zuzumuten. Das habe inzwischen nicht nur für viel Unruhe in manchen Ärzteschaften geführt, sondern bringe jetzt auch Bürgermeister und Patientenvertreter auf den Plan, die hier etwas forderten, was die schier kleinere Zahl der Ärzte nicht mehr hergebe. Die Kassenärztliche Vereinigung werde gezwungen sein, in ihren Planungen einen längeren und behutsamen Weg bei der notwendigen Reform einzuplanen.

Mit Blick auf das kommende Patientenrechtegesetz wies Dr. Clever auf die seit 1. Dezember in Baden-Württemberg geänderte Ärztliche Berufsordnung hin, die nach seinen Worten auch eine Patientenschutzordnung sei. Die Abschaffung der sogenannten „Praxisgebühr“ begrüßte der Kammerchef ausdrücklich. An anderer Stelle wies er darauf hin, dass die Bezirksärztekammern bislang nur teilweise in die vom Sozialministerium eingerichteten „Gesundheitskonferenzen“ eingebunden seien, ein größeres Engagement der Ärzteschaft in diesem Bereich jedoch erwünscht und angestrebt sei.

Sehr kritisch äußerte sich der Kammerpräsident zu den sogenannten „Chefarzt-Boni“. Wer es im System politisch ermögliche, dass beispielsweise pro transplantiertem Organ ein Bonus fällig werde, der brauche sich nicht wundern, dass es auch Missbrauch gebe. Dass damit auch die Bereitschaft zur Organspende in den Keller sinke, machte den Kammerpräsidenten mehr wütend als nur traurig.

Hinsichtlich der Krankenhausfinanzierung wies der Kammerchef darauf hin, dass in Baden-Württemberg mehr als die Hälfte der noch bestehenden Krankenhäuser in den letzten Jahren rote Zahlen schrieben. Man habe im Landes-Krankenhausausschuss nicht unbedingt den Eindruck, dass die Kassen diese Tatsache interessiere, so Dr. Clever, vielmehr stünden dort die Auslastungszahlen im Vordergrund. Und das habe erhebliche Auswirkungen auf die Beschäftigten: Stress pur und Zuwendung nur als zusätzliches Engagement, so die Beobachtung des Präsidenten, der bei dieser Gelegenheit allen Ärztinnen und Ärzten herzlich dankte, die sich diesem Druck in Klinik und Praxis täglich aussetzten. Ergänzend wies Dr. Clever darauf hin, dass es erneut Angriffe auf die hart erkämpfte Tarifpluralität gebe, mit denen sich der Marburger Bund konfrontiert sähe.

Im seinem Bericht zur Lage ging Dr. Clever auch auf Kernaufgaben der Ärztekammern ein: Schon die Sommer-VV hatte über die Herausforderungen und Entwicklungen in der Weiterbildung diskutiert und eine Arbeitsgruppe „Weiterbildungs-Kataster und -Befugniserteilung“ eingerichtet. Diese hat sich inzwischen dafür ausgesprochen, eine Befragung aller Kammermitglieder zu ihrer jeweiligen Weiterbildungssituation mit dem Versand des Erhebungsbogens für den Kammerbeitrag zu verknüpfen. Über eine Regelüberprüfung von Weiterbildungsbefugnissen werde derzeit nachgedacht. Ferner werde die Evaluation der Weiterbildung definitiv fortgesetzt; eine Arbeitsgruppe der Bundesärztekammer erstelle aktuell ein neues Befragungskonzept.

Im Jahr 2004 war die Fortbildungsordnung der Landesärztekammer Baden-Württemberg in Kraft getreten. Nach fast zehn Jahren sei nun aber zu prüfen, ob die Regelungen noch allen sich in der Zwischenzeit ergebenden Erfordernissen (beispielsweise neue Fortbildungsmethoden) genügten, informierte Dr. Clever. Deshalb habe die Bundesärztekammer den Entwurf einer neuen Muster-Fortbildungsordnung entwickelt, mit der sich die zuständigen Gremien der Landesärztekammer eingehend befasst hatten. Die VV begrüßte diese Vorarbeiten und bat den Präsidenten, der Bundesärztekammer eine entsprechende Stellungnahme mit Änderungen, Ergänzungen und Anregungen zur Muster-Fortbildungsordnung zukommen zu lassen. Die Musterordnung soll auf dem Deutschen Ärztetag 2013 konsentiert und dann voraussichtlich im Herbst 2013 auf Landesebene beraten werden.

Weitere Tagesordnungspunkte der VV waren unter anderem Änderungen an der Gebührenordnung und an den Regelungen der Entschädigung an Lehrkräfte für die Ausbildung von Medizinischen Fachangestellten. Ferner wurde aktuell über die Versorgungsanstalt für Ärzte, Zahnärzte und Tierärzte informiert sowie über die Arbeit der Ethikkommission der Landesärztekammer.

Alle Entschließungen der Vertreterversammlung sind hier zu finden.

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letzte Änderung am 26.11.2012