Berufs-/gesundheitspolitische Bilanz sowie Änderungen der Berufsordnung im Zentrum

Vertreterversammlung der Landesärztekammer Baden-Württemberg

Ende Juli fand die letzte Vertreterversammlung der Landesärztekammer Baden-Württemberg vor Beginn der Kammerwahlen statt. Nicht zuletzt deshalb stellte Präsident Dr. Ulrich Clever in Freiburg den Delegierten einen kurzen Wahlwerbefilm vor, der von der gastgebenden Bezirksärztekammer Südbaden produziert worden war. Ärztinnen und Ärzte verschiedener  Generationen motivieren darin die Kammermitglieder, sich an der landesweiten Briefwahl im November zu beteiligen. Der Streifen wird zu gegebener Zeit auf der Kammerwebsite zu sehen sein (Kammerwahl).

Clever


In seinem Bericht rief Dr. Clever den 96 Delegierten die vier wesentlichen Ziele der laufenden Wahlperiode in Erinnerung: die baden-württembergischen Ärztekammern für die Mitglieder und die Öffentlichkeit sichtbarer machen, sie auf eine breitere Basis stellen, ihnen einen Modernisierungsschub bescheren und ihnen in Berlin mehr Gewicht verleihen. Die Bilanz des Vorstandes falle eindeutig positiv aus, resümierte der Präsident und belegte dies an zahlreichen Beispielen.

Zur aktuellen Lage brachte der Kammerchef zahlreiche berufs- und gesundheitspolitische Themen zur Sprache,  allen voran den Ärztemangel. Er nannte auch die in diesem Zusammenhang so wichtige Notfalldienstreform der Kassenärztlichen Vereinigung, die Hygienebegehungen der Praxen, die roten Zahlen der Krankenhäuser im Lande, die bedrohte Tarifpluralität, die populistische Vier-Wochen-Terminfrist und auch die europäischen Normierungsversuche zur Vereinheitlichung ärztlicher Arbeit. Dr. Clever informierte die Delegierten auch über das Gesundheitsleitbild Baden-Württemberg, das drei Handlungsfelder zur zukünftigen Ausrichtung des Gesundheitswesens im Lande definiert. In einem separaten Tagesordnungspunkt wurde den Delegierten die Arbeit und Statistik der Gutachterkommissionen für Fragen ärztlicher Haftpflicht eingehend vorgestellt und erläutert.

Im Zentrum der Vertreterversammlung standen drei wichtige Änderungen der Berufsordnung für Ärzte, die von den Delegierten teilweise kontrovers diskutiert, am Ende jedoch einvernehmlich verabschiedet wurden (die geänderte Satzung wird nach Genehmigung durch das Sozialministerium und Veröffentlichung im ÄBW in Kraft treten):

  1. Vor dem Hintergrund der Tatsache, dass die Deutsche Rentenversicherung Ärztinnen und Ärzte (und Angehörige anderer freien Berufe) nur noch eingeschränkt von ihrer Versicherungspflicht nach § 6 SGB VI befreit, stimmten die Delegierten für eine weiter gefasste Definition der ärztlichen Berufsausübung: Die neue Formulierung besagt, dass es sich um eine ärztliche Tätigkeit handelt, wenn ärztliche Fachkenntnisse eingesetzt oder mit verwendet werden können. Dies können neben kurativen Tätigkeiten auch nicht-kurative Tätigkeiten sein.
  2. Der Bundesgerichtshof hatte Mitte Mai (bezogen auf einen Fall aus Nordbaden) entschieden, dass das in der baden-württembergischen Berufsordnung für Ärzte ausgesprochene pauschale Verbot der Zusammenarbeit einer Teil-Berufsausübungsgemeinschaft mit Radiologen (und anderen, nur auf Überweisung hin tätig werdenden Arztgruppen bzw. die rein medizinisch-technische Leistungen anbieten) verfassungswidrig ist. Der Vorstand der Landesärztekammer Baden-Württemberg hat daher der Vertreterversammlung eine Änderungssatzung vorgelegt, mit der die beanstandete Passage in § 18 aus der Berufsordnung gestrichen wird. Zuvor hatte die Landesärztekammer die beabsichtigte Änderung mit ihrer Aufsichtsbehörde, dem Sozialministerium Baden-Württemberg, abgestimmt. Damit wurde vom Vorstand zum frühest möglichen Zeitpunkt auf das BGH-Urteil reagiert, was von der Vertreterversammlung ausdrücklich begrüßt wurde.
  3. Die dritte Änderung betraf die Anpassung der Richtlinien über die assistierte Reproduktion. Hierbei ging es um die Dokumentation, die die IVF-Zentren zum Zwecke der Qualitätssicherung erstellen müssen und um deren Auswertung.

Ein weiterer Tagesordnungspunkt der Vertreterversammlung betraf die Präimplantationsdiagnostik (PID): Gesetzliche Bestimmungen fordern, dass eine PID-Ethikkommission auf Antrag betroffener Frauen in jedem einzelnen Fall darüber zu entscheiden hat, ob eine PID zugelassen werden kann. Die Delegierten machten durch Verabschiedung eines Statuts den Weg frei für die Einrichtung einer länderübergreifenden PID-Ethikkommission bei der Landesärztekammer Baden-Württemberg.

Weitere Diskussionen und Entscheidungen der Vertreterversammlung betrafen unter anderem die Fortbildungsprüfungsordnung für Medizinische Fachangestellte (die in weiten Teilen an die Musterordnung angepasst wurde) und die Änderung der Gebührenordnung. Neben zahlreichen Einzelregelungen (unter anderem zur ärztlichen Fortbildung) wurde auch eine frühere Bitte der Vertreterversammlung umgesetzt wurde, nach der die erste Prüfung für den Facharzt oder Schwerpunkt, die vollständig unter Nutzung des elektronischen Logbuches "WBmed" erfolgt, künftig für den Anmelder kostenfrei ist. Die Freistellung von der Gebührenpflicht wurde mit dem reduzierten Verwaltungsaufwand begründet.

Entschließungen

Hilfsfrist im Rettungsdienst
Eine Verschlechterung sowohl der rettungsdienstlichen als auch notärztlichen Versorgung, wie vom baden-württembergischen Innenministerium in den Raum gestellt, wird abgelehnt (Pressemitteilung).

Anpassung der Anhaltszahlen
Es soll überprüft werden ob die in der Weiterbildungsordnung vorgesehenen Weiterbildungsinhalte für den Schwerpunkt Spezielle Geburtshilfe und Perinatalmedizin noch zeitgemäß sind.

Ausbildung von MFA
Zur Unterstützung der Kommunikation mit fremdsprachigen Patienten sollen Pilotprojekte unterstützt werden, die ein muttersprachliches Modul für Medizinische Fachangestellte fördern.

VV

Zurück

letzte Änderung am 28.07.2014